Schutzgebiete in Tirol

Landschaftsschutzgebiete » Serles – Habicht – Zuckerhütl

Das Landschaftsschutzgebiet Serles-Habicht-Zuckerhütl liegt in den Stubaier Alpen und erstreckt sich vom Serles-Massiv im Nordosten über die drei namensgebenden markanten Gipfel bis zu den vergletscherten Bergketten des Alpenhauptkammes. Das Schutzgebiet reicht von den landwirtschaftlich genutzten Flächen der Talniederungen über die Wälder bis hinauf zu den Gipfeln der Dreitausender. Der höchste Berg des Gebietes ist mit 3.507 Metern das Zuckerhütl.

Kurzsteckbrief

Fläche:
180 km²
Standort:
Fulpmes, Gschnitz, Mieders, Neustift im Stubaital, Mühlbachl, Steinach am Brenner, Trins (Innsbruck-Land)
Seehöhe:
990 - 3507 m

Landschaftsschutzgebiet seit 1984

Landschaftsausstattung:

Kaum eine andere Gegend Tirols ist so reich an Naturschönheiten und grandioser alpiner Wildnis. Das Schutzgebiet reicht von waldbedeckten Hängen über Hochtäler mit ihren Wildbächen und Almen bis hinauf zu blumenreichen Bergkuppen und gletscherbedeckten Gipfeln.
Rund um das Pinnistal ragen aus dem Kristallingestein der Stubaier Alpen schroffe Kalkberge. Ihre steilen Grate und Türme sind größtenteils zu bizarren Formen verwittert und fallen oft senkrecht in die Täler hinab. Weithin sichtbar steht der markante Gipfelaufbau der Serles am Beginn des gleichnamigen Kammes, der das Stubai- vom Gschnitztal trennt. Zentral gelegen beherrscht der massive Gebirgsstock des Habichts das Schutzgebiet und leitet zu den imposanten Berggipfeln und Gletschern der Zentralalpen um Freiger, Pfaff und Zuckerhütl über.

Wilde Wasser

Vor allem entlang des Alpenhauptkammes liegen große Gletscher, die innerhalb des Schutzgebietes mit mehr als 13 Quadratkilometern acht Prozent der Fläche einnehmen. Ihre Schmelzwässer speisen zahlreiche, nach Norden abfließende Bäche. So erstrecken sich rund um das Zuckerhütl zusammenhängende Gletscherflächen. Am Habicht existieren nur mehr kleine, isolierte Gletscherreste. Zwei Naturdenkmäler im Stubaital verdanken ihre Existenz den Gletschern: der Graba- und der Mischbachwasserfall.
Die Täler werden von Ruetz (Stubaital), Pinnisbach (Pinnistal) und Gschnitzbach (oberes Gschnitztal) entwässert.
Im Gebiet liegen zahlreiche Hochgebirgs-Seen, darunter der Lauterer See nahe der Bremer Hütte, die Blaue Lacke und Grünausee oberhalb der Sulzenauhütte.

Erreichbarkeit:

Ein Teilstück des insgesamt 120 Kilometer langen Stubaier Höhenweges liegt ebenfalls im Schutzgebiet. Ziel oder Ausgangspunkt für diese Höhenwanderroute, die ausschließlich durch alpines und hochalpines Gelände führt, ist die Innsbrucker Hütte.

Flora und Fauna:

Ein bis zwei Steinadlerpaare haben sich jeweils im Bereich der Serles und im Gebiet um den Habicht angesiedelt. Als Revier benötigt der Raubvogel eine Fläche von etwa 50 Quadratkilometern. Gamskitze, Murmeltiere, Schneehasen oder Schneehühner bilden seine Hauptnahrung. Um den Habicht herum lebt eine kleine Kolonie des im 19. Jahrhundert fast vollständig ausgerotteten Steinbocks. Die größten Kolonien, mit je etwa 100 Tieren, leben an der Grenze zu Südtirol zwischen Pflersch und Gschnitz sowie um die Nürnberger und Bremer Hütte. Hier finden die Steinböcke verhältnismäßig schneearme Winterlebensräume vor.
Die Bergwälder rund um die Serles und den Blaser sowie nördlich des Habicht beherbergen das gefährdete Auerwild. Die Lawinenstriche gegen Talschluss des Stubai- und des Gschnitztales sind Lebensräume des Haselhuhns.

Die uralten Kulturlandschaften der Lärchenwiesen sind besonders im Bereich der Plutschwiesen bei Trins, bei Maria Waldrast und bei der Herzebenalm im Pinnistal erhalten. In den lichten Lärchenwäldern ist der Artenreichtum an Kräutern und Kleintieren besonders hoch. Größere zusammenhängende Zirbenbestände findet man im inneren Gschnitztal. Bei der Grüblalpe stehen etwa 50 alte „Wetterzirben“ als Naturdenkmal unter Schutz.

 

Spezialisierte Pflanzen in den Feuchtgebieten

Zahlreiche Feuchtgebiete und einige Moore finden sich im Schutzgebiet. Etwa das Moor bei der Laponesalm im Gschnitztal, der teilweise verlandete Simmingsee mit einigen Moorbereichen, oder das Feuchtgebiet bei der Traulalm. Diese besonders gefährdeten Lebensräume beherbergen vor allem eine hochspezialisierte Pflanzenwelt. Einige Beispiele sind das Wollgras oder der fleischfressende Sonnentau. Aber auch für die Tierwelt spielen die Gebiete eine wichtige Rolle. Frösche, Molche und Kröten wandern weite Strecken, um in kleinen Tümpeln und Seen abzulaichen. Sowohl die Flächen, als auch ihre Bewohner sind streng geschützt.

Blumenparadies Blases und Padasterjoch

Besonders reizvoll präsentieren sich hier weite Wiesenflächen unter schroff aufragenden Kalkfelsen. Das Blaser-Gebiet bis zum Padasterjoch ist etwa durch die Bewirtschaftung der Bergmähder besonders blumenreich. Im Frühling blühen verschiedene Arten von Primeln, Nelken, Enzianen, Orchideen, Läusekraut sowie Alpen-Anemonen, Trollblumen, Silberwurz und Edelweiß. Zusammen mit den bewirtschafteten Flächen im angrenzenden Schutzgebiet Nösslachjoch-Obernberger See-Tribulaune ist die Ausdehnung der Bergmähder – begünstigt durch die sanfte Geländeformung – einzigartig in Tirol. Bis heute findet in dem mitunter sehr steilen Gelände eine fast flächendeckende Mahd statt. Erwähnenswert sind weiters die Bergmähder im Pinnistal.

Hochgebirge im Klimawandel

Vor allem der schnelle Rückgang des Gletscherriesen gilt als sichtbares Signal für die globale Erwärmung. So hat sich etwa der Sulzenauferner in den letzten Jahrzehnten stark zurückgezogen. Vor der Jahrhundertwende zog er sich noch fast bis zur Hunderte Meter weiter unten liegenden Sulzenauer Hütte. Heute klafft mitten im dünner gewordenen Eis ein riesiges Felsenfenster. Ein weiteres Problem ist der auftauende Permafrost, wodurch in den oberen Bereichen des Schutzgebietes, wie in weiten Teilen der Westalpen auch, jahrhundertelang begehbare Routen durch stark erhöhte Steinschlaggefahr unpassierbar geworden sind. Befestigte Klettersteige sind zusätzlich durch herausbrechende Felsen bedroht.

Was den Freizeitsportlern buchstäblich das Wasser abgräbt, läßt manches Forscherherz höher schlagen. Die vom Gletschereis derzeit schnell freigegebenen Flächen des Gletschervorfeldes werden intensiv auf Pionierarten untersucht: Welche Pflanze, welches Tier besiedelt und nutzt zuerst den „neuen“ Boden?